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Jonitz: „Qualitätsmanagement ist eine Führungs- und keine Messmethode“

Berlin. Deutschland ist bei der Förderung der Qualität in der medizinischen Versorgung vorbildlich. Das ist nicht zuletzt dem großen Engagement der Ärzteschaft auf diesem Gebiet zu verdanken. Doch nun gefährdet ausgerechnet die von der Regierung ausgerufene Qualitätsoffensive für das Gesundheitswesen die in den letzten Jahrzehnten erzielten Erfolge. Davor warnt die Bundesärztekammer in einem Positionspapier.
„Die systematische Förderung der Behandlungsqualität und der Patientensicherheit ist integraler Bestandteil ärztlichen Handelns. Eine auf Menge und Kosten abzielende Gesundheitspolitik erschwert jedoch die erfolgreiche Umsetzung einer Qualitätskultur in Deutschland“, erklärte Dr. Günther Jonitz, Vorsitzender der Qualitätssicherungsgremien der Bundesärztekammer (BÄK), anlässlich der Vorlage des Positionspapiers der BÄK „Qualitätssicherung auf dem Irrweg“ in Berlin. Mit Blick auf die von der Bundesregierung ausgerufene Qualitätsoffensive für das Gesundheitswesen fügte er hinzu: „Was den Bürgern vordergründig als Plus an Behandlungssicherheit und Versorgungsqualität dargestellt wird, erweist sich bei genauerer Betrachtung als Sammlung methodisch unausgereifter bis absehbar untauglicher Werkzeuge, die wenig mit Qualitätssicherung zu tun haben. Sie sollen vielmehr gesundheitspolitische Versäumnisse an anderer Stelle kaschieren.“


In ihrem Positionspapier bezieht die Bundesärztekammer zu den im Versorgungsstrukturgesetz angelegten und mit dem Krankenhausstrukturgesetz massiv ausgedehnten Neuregelungen zur Qualitätssicherung Stellung. Sie weist darauf hin, dass zahlreiche Maßnahmen der gesetzlichen Qualitätssicherung ursprünglich aus regionaler ärztlicher Initiative entstanden sind. Viel Energie sei in den letzten Jahren in die Weiterentwicklung der einrichtungsübergreifenden stationären Qualitätssicherung zu einer sektorenübergreifenden Qualitätssicherung investiert worden. „Dieses austarierte Gefüge sowie die zwischenzeitlich erkennbaren Fortschritte sind nun grundlegend in Frage gestellt“, warnt die BÄK.
So sei der im Krankenhausstrukturgesetz vorgesehene Ansatz problematisch, Indikatoren der bestehenden Qualitätssicherung des Gemeinsamen Bundesausschusses zu nutzen, um den zuständigen Krankenhausplanungsbehörden die Schließung von Fachabteilungen oder ganzen Krankenhäusern zu ermöglichen. Die Indikatoren der einrichtungsübergreifenden stationären Qualitätssicherung dienten vielmehr dazu, einen differenzierten Dialog zwischen Fachleuten über einzelne Qualitätsaspekte zu ermöglichen. „Qualitätsindikatoren, die sicher zwischen ausreichender und unzureichender Qualität einer Fachabteilung oder gar eines ganzen Krankenhauses zu unterscheiden vermögen, gibt es nicht.“ Die in den letzten 15 Jahren aufgebaute Qualitätskultur, werde durch das im Gesetz aufgebaute Drohszenario zerstört.
Scharf kritisiert die Bundesärztekammer auch die mit dem Krankenhausstrukturgesetz geplante Einführung von Qualitätszuschlägen und -abschlägen. Die Bundesregierung habe in einem Gutachten die Einsatzmöglichkeiten von solchen Pay-for-Performance-Konzepten in Deutschland prüfen lassen. Weder aus dem Gutachten noch aus internationalen Erfahrungen lasse sich die Zweckmäßigkeit der Einführung in Deutschland ableiten. Jonitz wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass diese Verfahren zudem ein enormes Potenzial an Fehlanreizen bergen würden.
Die Bundesärztekammer appelliert an den Gesetzgeber, den Kurs einer vorgeblichen Qualitätsoffensive zu revidieren und den Krankenhausbereich nicht durch den gleichzeitigen Einsatz verschiedenster und nicht getesteter Qualitätssicherungsinstrumente zu verunsichern. Stattdessen sollten einzelne Maßnahmen mit Bedacht erprobt werden und erst bei nachgewiesenem Erfolg in die Fläche gehen. Zudem rät die Bundesärztekammer, die Kompetenz und die Erfahrung der Akteure der Selbstverwaltung zu nutzen, um die Qualität in der medizinischen Versorgung in Deutschland tatsächlich voranzubringen.
„Qualitätssicherung ist eine Führungs- und keine Messmethode“, betonte Jonitz. Zudem müsse der Politik klar sein, dass Menschen Menschen gesund machen. „Deshalb helfen Vorschriften und Regeln nicht, wenn das Personal und die Ressourcen fehlen.“ Personalmangel und eine chronische Überlastung von Ärzten und Pflegenden seien eine denkbar schlechte Voraussetzung für das erhoffte „Mehr“ an Qualität.





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