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Barmer GEK Heil- und Hilfsmittelreport 2012

Berlin. Die Heil- und Hilfsmittelversorgung entspricht vielfach nicht dem Patientenbedarf. Das zeigt der aktuelle Heil- und Hilfsmittelreport 2012 der Barmer GEK. Obwohl die Zuwächse in diesem Bereich hoch sind, gibt es vor allem bei Kindern, Rückenkranken und Pflegebedürftigen Über-, Unter- oder Fehlversorgung.

Im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung sind die Ausgaben für Heil- und Hilfsmittel binnen fünf Jahren um 22 bzw. 30 Prozent gestiegen. Allein die Hilfsmittelausgaben legten im letzten Jahr um 4,7 Prozent auf insgesamt 6,3 Milliarden Euro zu. Die Aufwendungen für Heilmittel kletterten sogar um 6,6 Prozent auf 4,9 Milliarden Euro. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK, Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, stellte fest: „Wir haben es mit einem Wachstumsmarkt erster Güte zu tun. Allerdings sollten Transparenz und medizinische Evidenz mitwachsen. Denn trotz einer insgesamt guten Versorgungslage gerät der Einsatz von Heil- und Hilfsmitteln noch oft zum wohlgemeinten therapeutischen Streuschuss."

Als Reaktion auf den PIP-Skandal und schadhafte Endoprothesen forderte Schlenker eine umfassende Reform des Zulassungsrechts für Hilfsmittel und Medizinprodukte. Nach dem Vorbild des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes AMNOG sollte auch bei ihnen eine patientenorientierte Nutzenbewertung vor der Marktzulassung erfolgen: „Nicht nur um Produktsicherheit, sondern um Patientennutzen muss es gehen. Wir brauchen ein modernes Medizinprodukterecht – niedergeschrieben in einem Gesetz zur Neuordnung des Medizinproduktemarktes, kurz MEMNOG!" Für risikoreiche Medizinprodukte bedürfe es eines strengen behördlichen Zulassungs- und Überwachungsverfahrens sowie obligatorischer klinischer Prüfungen.

2010 stellten Ärzte bei elf Prozent aller Barmer GEK Versicherten zwischen sieben und 17 Jahren eine psychische Erkrankung fest. Aber nur jeder siebte der betroffenen Kinder und Jugendlichen erhielt eine Ergotherapie-Verordnung (14 Prozent). Über die Hälfte der Psycho-Diagnosen entfielen dabei auf die Aufmerksamkeitsdefizitstörung ADHS. Auch hier kamen Ergotherapien nur bei 20 Prozent der Kinder zum Einsatz.

Reportautor Professor Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen erklärt: „Für die Arzneimitteltherapie gegen psychische Erkrankungen von Kindern gibt es Leitlinien und Studienergebnisse, die ärztliche Entscheidungen unterstützen. Beim Einsatz von Ergotherapie herrscht dagegen medizinische Unsicherheit, noch immer fehlen evidenzbasierte Entscheidungshilfen. Gerade die Behandlung von ADHS braucht neben Ritalin & Co ergänzende oder alternative Therapieoptionen."

Klassische Massagen gehören zu den umsatzstärksten Heilmitteln. Für rund 280.000 Barmer GEK Versicherte wurden letztes Jahr rund 400.000 Verordnungen ausgestellt. Dabei sei die Bedarfsgerechtigkeit oftmals fraglich, so die Studie. Rund 85 Prozent der Ausgaben für klassische Massagen entfallen auf Wirbelsäulenerkrankungen, davon rund die Hälfte für Beschwerden mit akutem Behandlungsbedarf (Blockaden, Haltungsstörungen, Arthrosen). Die andere Hälfte geht auf das Konto von chronischen Beschwerden (Bandscheibenvorfall, Rheuma etc.). Das ist laut Glaeske problematisch, denn die klassischen Massagen („hands-on") reichen als alleinige Therapie bei chronischen Beschwerden nicht aus. Sie wirken nur in Kombination mit manualtherapeutischen oder aktivierenden Ansätzen.

Eine Unterversorgung mit Heilmitteln dürfte bei Patienten in Pflegeheimen bestehen. So erhalten 36 Prozent Physiotherapie und nur fünf Prozent Ergotherapie. Alarmierend ist, dass die Behandlungen mit zunehmendem Alter abnehmen: von 40 Prozent bei den 65- bis 74-Jährigen auf 31 Prozent bei den über 85-Jährigen (Physiotherapie) und von 11 auf 2,5 Prozent in denselben Altersgruppen für Ergotherapie. Dabei erscheint körperliche Aktivierung insbesondere bei Demenzpatienten sinnvoll.





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