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Krankenhäuser sind keine Industrieunternehmen

Berlin. Zur Diskussion über die Leistungsentwicklung in den Krankenhäusern hat sich der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, geäußert. Er wies Vorwürfe und Vermutungen, die Krankenhäuser würden medizinisch nicht notwendige Behandlungen erbringen, um ihre Erlöse zu steigern, dezidiert zurück.

Baum verwies u.a. darauf, dass ein großer Teil der rund 18 Mio. Krankenhauspatienten im Jahr als Notfälle aufgenommen würden (ca. sechs Mio.). Die übrigen würden in der Regel durch niedergelassene Ärzte eingewiesen.

Tatsachen seien außerdem, dass Krankenhausärzte verantwortungsbewusst im Team arbeiteten. Es gelte das Mehr-Augen-Prinzip. Krankenhausleistungen würden systematisch kritisch durchleuchtet, fast alle Rechnungen einem Prüfverfahren durch die Krankenkassen unterzogen sowie fast zwei Mio. Fälle vom Medizinischen Dienst überprüft.

Es gebe gesonderte Qualitätssicherungsmaßnahmen für große Leistungsbereiche, wie z. B. Lungenentzündungen oder Hüftoperationen. Für rund vier Millionen Patienten müsse nach jeder Behandlung ein Fragebogen ausgefüllt werden, der hinsichtlich Qualitätserreichung, Infektionsraten und Indikationsstellung ausgewertet werde. Baum: „Kein System in der Welt unterliegt einer solchen umfassenden Qualitätssicherung und einer solchen Qualitätstransparenz."

Was Leistungsspektrum und Leistungszahlen betreffe, so würden die Budgets jährlich mit den Krankenkassen vereinbart. Für zusätzliche Leistungen darüber hinaus erhielten die Häuser nur massiv auf 35 Prozent gekürzte Vergütungen.

Unabhängig davon werde jede jährlich zusätzlich vereinbarte Leistung um ca. 30 Prozent gekürzt vergütet (Mehrleistungsabschläge).

Baum verwies auf die steigende Anzahl alter Patienten - 42 Prozent sind älter als 65 Jahre. Die Möglichkeiten, Beweglichkeit und Lebensqualität durch operative Eingriffe zu verbessern und auch ältere Menschen zu operieren hätten sich in den vergangenen 20 Jahren maßgeblich verbessert. Die von den Krankenkassen geführte Diskussion über medizinische Leistungszuwächse bei Hüft- und Knieoperationen gehe an den Bedürfnissen und Erwartungen der Patienten vorbei. Der beklagte Anstieg der Hüftoperationen um 13 Prozent zwischen 2004 bis 2010 liege im Rahmen der demographischen Entwicklung in diesem Zeitraum: Der Anteil der über 65jährigen in der Bevölkerung sei zwischen 2004 und 2010 ebenfalls um 13 Prozent gestiegen. Die Zahl der über 65jährigen Krankenhauspatienten sogar um 18 Prozent. Die Hüft-Endoprothetik weise eine unterproportionale Entwicklung auf.

Georg Baum erklärte: „Die von den Krankenkassen propagierte Einführung eines Zertifikate-Handels, beginnend mit OP-Berechtigungen für Hüft- und Knie-Operationen, markiert den Endpunkt sozialverantwortlicher Positionierungen. Krankenhäuser sind keine Industrieunternehmen. Medizinische Behandlung ist individuell patientenorientiert und keine Handelsware." Hinter dieser Idee stehe

der Versuch, den Zugang zur medizinischen Versorgung zu rationieren und sich aus der individuellen Verantwortung gegenüber ihrem Versicherten zu stehlen.

Die DKG schlägt vor, die Möglichkeiten des Gesetzes zum Einholen einer zweiten Meinung vor größeren Operationen stärker zu nutzen. Kassen könnten ihre Mitglieder dazu auffordern. Für elektive Behandlungen dürfe den Kassen gerne das Recht der Vorabgenehmigung eingeräumt werden verbunden mit der Pflicht, ihre Entscheidung dem Versicherten unmittelbar zu kommunizieren. Die Politik wird aufgefordert, den Rationierungs- und Wettbewerbsdruck zurückzudrehen und das Vergütungssystem für die Krankenhäuser so auszugestalten, dass sie bei wirtschaftlicher Betriebsführung ihren Versorgungsauftrag ohne übermäßigen Wettbewerbsdruck erfüllen können.





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