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Defizite in der Bedarfsplanung

Berlin. Wie rasch und einfach Menschen mit psychischen Erkrankungen einen Behandlungsplatz finden, hängt in Deutschland stark vom Wohnort ab. Denn die Dichte ambulant tätiger Psychiater, Nervenärzte und Psychotherapeuten variiert zwischen den Regionen erheblich. Eine epidemiologische Untersuchung kommt nun zum Ergebnis, dass sich diese regionalen Versorgungsunterschiede nicht durch unterschiedliche Erkrankungshäufigkeiten oder Risikofaktoren erklären lassen. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN)
sieht deshalb akuten Handlungsbedarf und fordert Politik und Selbstverwaltung auf, die Methoden der Bedarfsplanung zu reformieren.


Ein Blick auf die aktuelle Versorgungslage zeige: Je nach Region sind Arzt- und Psychotherapeutensitze in Deutschland sehr unterschiedlich verteilt. Doch die unterschiedliche Dichte bei den Versorgungsangeboten lässt sich nicht ausreichend auf regionale Unterschiede in der Häufigkeit der Erkrankungen oder Risikofaktoren zurückführen. Dies zeigt die Studie, die an der Psychologischen Hochschule Berlin in Kooperation mit dem Robert Koch-Institut, der DGPPN und dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung durchgeführt und in Berlin vorgestellt wurde. „Anhand epidemiologischer Daten aus Bevölkerungsstudien und Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung konnten wir zeigen, dass die regionalen Unterschiede in der Häufigkeit psychischer Erkrankungen weitaus geringer sind als die regionalen Unterschiede im Versorgungsangebot, welche die aktuelle Bedarfsplanung vorsieht“, sagt Professor Frank Jacobi von der Psychologischen Hochschule Berlin.
Die Studie ergänzt durch einen innovativen methodischen Zugang hinsichtlich ihrer Regionalanalysen die bisherige Versorgungsforschung, welche ausschließlich auf Abrechnungsdaten der Krankenkassen basierte. „Sie zeigt, dass eine Region mit gut ausgebauten Versorgungsstrukturen nicht unbedingt einen größeren Bedarf hat – und eine Region mit besonders vielen Menschen mit psychischen Erkrankungen nicht automatisch auch über mehr Ärzte und Psychotherapeuten verfügt. Diese Ungerechtigkeit muss dringend behoben werden. Dazu brauchen wir eine Bedarfsplanung, die ihren Namen auch wirklich verdient. Gleichzeitig müssen die vorhandenen Versorgungsangebote besser gesteuert, vernetzt und koordiniert werden“, fordert DGPPN-Präsidentin Dr. Iris Hauth aus Berlin.
Prof. Dr. Frank Jacobi stellt fest: „Kritisch hinterfragt werden sollte in diesem Zusammenhang die Orientierung der Bedarfsplanung am so genannten „Ist-Soll-Prinzip“. Stattdessen sollte man in Zukunft verstärkt mit prävalenzbasierten Schätzern arbeiten – also auch die regionale Verteilung von Erkrankungshäufigkeit und Risikofaktoren einbeziehen – und auch die Variation der Behandlungsumfänge pro Praxis bei der Zuweisung von Arztsitzen berücksichtigen.“
Die Studie macht keine Aussagen zum absoluten Bedarf an Arztsitzen für Psychotherapeuten und Psychiater. „Welchen Stellenwert wir der psychischen Gesundheit in Zukunft einräumen und wieviel Ressourcen wir als Gesellschaft dafür aufbringen wollen, wird nach wie vor ein heiß diskutiertes Thema bleiben“, so Jacobi.





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