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Nachricht

Zur BDI-Stellungnahme über Daseinsvorsorge in TTIP

Zur Stellungnahme des BDI "Daseinsvorsorge in Freihandelsabkommen" GATS, CETA, TTIP und TiSA erklärt der Vorsitzende des Interessenverbandes kommunaler Krankenhäuser e.V., Krankenhausdirektor Bernhard Ziegler:

Zunächst einmal behauptet der BDI, dass bereits das GATS-Abkommen die Liberalisierung des Krankenhauswesens vorsehe, zumindest insoweit, dass die EU es explizit in ihre Agenda aufgenommen habe.
Hier ergibt sich ein Widerspruch zu den Erklärungen der Bundesregierung sowohl gegenüber dem Bundestag (ausweislich der Antwort auf die Anfrage Frage Nr. 189 des Abgeordneten Terpe vom 3.9.2014) als auch zum Annex des GATS-Abkommens selbst, in dem eine Lineralisierungsverpflichtung für Deutschland für den Bereich der medizinischen Leistungen ausdrücklich auf natürliche Personen (mithin niedergelassene Ärzte) und entsprechende Bedarfsprüfung begrenzt wird. Wir stellen also fest, dass weiterhin erhebliche Unschärfen bestehen über Begriffe und Defintionen, die ein Auslegungsrisiko beinhalten, welches für andere Bereiche in TTIP (beispielsweise audiovisuelle Dienste) explizit und klar ausgeschlossen wird. Nicht so für Krankenhäuser.

Sodann bestehen an der Darstellung der Vorzüge des Wettbewerbs im Bereich der Daseinsvorsorge aus Sicht des BDI erhebliche Zweifel an sich. Gerade die Krise der Banken vor knapp zehn Jahren hat gezeigt, dass von liberalisierten Märkten eben nicht nur Vorteile für das staatliche Gemeinwesen ausgehen, sondern auch signifikante, in Milliarden EURO zu beziffernde Risiken. Diese Tatsache lässt der BDI völlig unerwähnt. Die Ereignisse der Jahre 2007/8 ff. und die Folgen für öffentliche Haushalte sind jedoch für die Meinungsbildung zur Frage des Wettbewerbs für unseren Verband mitentscheidend gewesen.

Wir halten es für notwendig, den Wettbewerbsbegriff stärker zu differenzieren! Der IVKK anerkennt die Vorzüge des Wettbewerbs um Best-Practise-Modelle. Wir warnen jedoch vor kommerziellem, also eigenwirtschaftlich orientiertem Wettbewerb in jenen Bereichen, die für die Daseinsvorsorge und für die staatliche Ordnung so systemrelevant sind wie Krankenhäuser und in denen ein marktwirtschaftliches freies Angebot nicht wünschenswert ist. Wir verweisen hierzu auf unsere Stellungnahme zur Anhörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages über Krankenhausfinanzierung vom 13. April 2016 (http://www.bundestag.de/blob/418336/fa4db0518d94e3db73ac3233744d9375/interessenverband-kommunaler-krankenhaeuser-e--v---ivkk--data.pdf).

Schliesslich besteht aus eben jenen, in unserer Stellungnahme ausgeführten Gründen unseres Erachtens ein Verbot der Verlagerung des zentralen Sozialstaatselements Krankenhauswesen von der grundgesetzlich geschützten Nationalstaatsebene auf die verfassungsrechtlich bislang nicht legitimierte Ebene der EU. Dieses aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Lissabon-Vertrag abzuleitende Gebot der Ordnung des Krankenhauswesens im Rahmen des Bundesrechts (und das Verbot der Übertragung auf die Unionsrechtsebene) wird nicht durchgesetzt. Statt dessen erleben wir eine schleichende Verlagerung von Kompetenzen speziell dieses Bereiches der Daseinsvorsorge auf die EU-Ebene (z.B. durch Hinnahme der Vorgaben der EU-Kommission zur Handhabung von DAWI für Krankenhäuser als nur ein Indiz für die schleichende Verlagerung), so dass die wie oben erwähnt verhältnismäßig unspezifischen Erklärungen zum Bereich der Daseinsvorsorge im Zusammenhang mit TTIP vor dem Hintergrund eben dieser inhaltlichen Inkonsistenzen zu sehen sind.

Unseres Erachtens ist es erforderlich, den Bereich des Krankenhauswesens (als einem der zentralen Pfeiler der Daseinsvorsorge und des grundgesetzlich geschützten Sozialstaatsgebots) explizit und unmißverständlich von TTIP auszuschliessen. Die bisher bekannten Erklärungen und Positionen bergen nach wie vor ein erhebliches Auslegungsrisiko und fallen deutlich weicher aus als andere politisch gewollte Ausnahmen vom Umfang der Freihandelsabkommen. Insoweit bleibt auch die Stellungnahme des BDI hinter den Erwartungen zurück.





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